Weinberg Rai
Mellingen-Dorf Süd-Ost > Trottenstrasse
Mellingen-Dorf Süd-Ost > Trottenstrasse
Noch heute erinnern Wegnamen an den Weinbau von Mellingen --> Trottenring, Trottenstrasse, Trottackerstrasse,Rebweg, Rebhaldenweg,Herrenrebenweg....
Bild-Nr.: 01204
Bild: Topographischer Atlas des Kantons Aargau von 1881
Text: Madlen Zimmermann
Copyright: Fotoarchiv-Mellingen
Vor 700 Jahren wurde erstmals der Weinbau erwähnt.
Im nächsten Jahr soll in Mellingen südöstlich der Rohrdorferstrasse im «Rai»
wieder ein Rebberg entstehen. Ob wir dies als Zufall oder Fügung zu betrachten haben, dass es 2013 genau 700 Jahre her sein werden, dass wir in einer Urkunde das erste Mal vom Weinbau in Mellingen hören, muss offen bleiben.
Das Spital Mellingen wurde 1313 am Kirchplatz gegründet, und zwar an der Stelle, wo heute das Rathaus steht. Gestiftet wurde diese soziale Institution von Altschultheiss
Hugo von Schänis und seiner Gattin. Um den Betrieb gewährleisten zu können, vergaben die Stifter verschiedene Ländereien, so zwei Rebberge in Mellingen-Dorf, also im heutigen Gemeindegebiet rechts der Reuss.
Die Stiftungsurkunde liegt noch heute als Original im Stadtarchiv. Auf dem bestens erhaltenen Pergament wird die Position der Rebberge relativ genau beschrieben, nämlich ein «Wingarten lit an dem gesteige», beim andern handelte es sich um ein «wingarten, der gelegen ist wider Baden». Der eine Rebberg ist also im Gsteig anzu-
siedeln, vermutlich identisch mit dem «Gäche Stei», der Fortsetzung der hohlen Gasse, welche, nachdem sie kurz über offenes Feld führt, sehr steil ins Waldgebiet zwischen Brand und Buechwald sticht. Wir haben verschiedene Hinweise, dass in früherer Zeit in Mellingen mehrere heute bewaldete Landstücke früher Kulturland, also u.a. auch Rebberge waren. Der andere Rebberg lag an der Landstrasse gegen Baden, dem heutigen Höhenweg.
Die Ausdehnung der Rebberge
Die Rebberge reichten vom heutigen Meli-Areal bis zum Brand, also bis zur heutigen Rohrdorferstrasse. Auch das Gebiet im «Rai» war in früherer Zeit teils mit Reben bestockt. Einer Flurbeschreibung aus der Zeit um 1430 zufolge lagen die Rebberge bis zum Alten Zürichkrieg (1436-1450) ober- und unterhalb des Höhenwegs zwischen dem derzeitigen (2012) Meli-Areal - hier stand früher die Buggenmühle - und dem Ulrichsbrunnen an der Trottenstrasse. Im Mittelalter besassen in Mellingen neben einzelnen Privatpersonen insbesondere die Klöster Muri und Gnadenthal Weinberge. Als Mellingen-Dorf in diesen Kriegswirren abbrannte und die meisten Bauernhöfe nicht mehr aufgebaut wurden, erwarben vor allem die Stadt und ihre Bürger zahlreiche Landflächen. Es ist daher anzunehmen, dass damals die Rebgebiete stark erweitert wurden. Die grössten Rebflächen lagen oberhalb des heutigen Höhenwegs und des Sonnenwegs (einst Ulrichsgässli genannt) und reichten bis zu den Wald-
rändern von Buechberg und Brand.
Trotten
Eine Trotte ist erstmals um 1430 erwähnt. Als Besitzer werden 1504 die Segesser, später die Familie Singisen und 1637 das Kloster Muri erwähnt.
Offenbar war aber die Kapazität dieser Trotte zu klein, sodass sich die Gemeinde 1647 entschloss, eine eigene Trotte am Sonnenweg zu bauen und einen Trotten-meister anzustellen. Sie hatte die beachtliche Grundfläche von 20 Metern Länge und 15 Metern Breite. 1885 wurde der Betrieb der Trotte, die anstelle des heutigen Gebäudes Rebweg 2 stand, eingestellt. Das Inventar aus Eichenholz wurde an die Parkettfabrik Sulger in Bern verkauft. 1930 riss man das Gebäude ab. Dessen Mauerwerk bildete zum Teil das Steinbett für die in den 1930er-Jahren erbaute Umfahrungsstrasse von Wohlenschwil.
Das Ende des Rebbaus
Schon Ende des 19. Jahrhunderts setzten Reblaus und falscher Mehltau den Reben immer mehr zu. Zwar verordnete der Gemeinderat verschiedene Spritzaktionen an, um die Schädlinge zu bekämpfen. 1804 können wir 51 Rebbesitzer feststellen. 1900 waren es noch deren 13, die 245 Aren bewirtschafteten. Wenige Jahre später war der grösste Teil der Weinberge gerodet. Schliesslich blieben nur noch ein paar Reb-mäuerchen. Eines davon wurde 1995 vom Natur- und Vogelschutzverein Mellingen erworben und wieder instand gestellt. Eine weitere vor zwei (2014) Jahren neu errichtete, 24 Meter messende Trockensteinmauer im Raum Buechberg war ein
weiterer Baustein, um dieser Zone wieder vermehrt das Gepräge eines Rebbergs zurückzugeben. Nun warten wir nach gut hundertjähriger Durststrecke sehnlichst darauf, bald einmal wieder eine Flasche Mellinger
Wein entkorken zu dürfen.
Rainer Stöckli
Foto: Im Hintergrund die westliche Front der Trotte. Ausser einer Luftaufnahme, auf welcher man praktisch nur das Dach der Trotte sieht, ist dies bislang das einzige bekannte Foto, auf dem ein Teil des Gebäudes detailliert abgebildet ist.
Da die Trotte 1930 abgebrochen wurde, stammt das Bild aus der Zeit davor, vielleicht gar aus dem Ersten Weltkrieg. Offenbar benutzte man das leerstehende Gebäude nicht nur als Turnhalle sondern auch als Truppenunterkunft.
Bild-Nr.: 01203.1
Bild: Fotoarchiv-Mellingen
Text: Rainer Stöckli, veröffentlicht im Reussbote vom 2.11.2012
Copyright: Rainer Stöckli/Fotoarchiv-Mellingen
Michael und Walter Deppeler haben sich schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken befasst den Betrieb Weingut Alter Berg zu vergrössern.
Vor vielen Jahren kam bei einem ungezwungenen
2011 griffen sie die ldee wieder auf und kontaktierten die Gemeinde Mellingen erneut. Nach diversen Gesprächen, der Sichtung von Katasterplänen, positiven Kontakten mit Landbesitzer und Pächter wurde eine Parzelle im Brand, das sogenannte
Der ganze Rebberg umfasst 1,5 ha, und wird in drei Etappen realisiert: 2O13 erfolgt die Bepflanzung des ersten Teiles mit den Rebsorten Riesling-Sylvaner, Sauvignon blanc und Pinot noir. ln den beiden Jahren darauf folgen die beiden nächsten Etappen.
2O15 konnte man erstmals Trauben ernten und seit dem Mai 2016 sind die ersten echten Mellinger Weine auf dem Markt.
Der ROTWEIN PINOT NOIR
Ein frischer, fruchtiger Rotwein, weich, mit gehaltvollem Körper, elegant im Abgang. Trinkreife/Temperatur: Bis zu 5 Jahre /16 -18 C°
Passend zu Vesperteller und sonstigen vielerlei Gerichten.
Die WEISSWEINE AUS MELLINGEN
RIESLING.SYLVANER
Spritziger, sortentypischer Weisswein, erinnert im Bouquet an Veilchen, Zitrusfrüchte. Trinkreife/Temperatur: 1- 3 Jahre l1O-12"C Passend zu Apéritif, wie auch zu Käse, leichten Gerichten, Fondue, Raclette.
SAUVIGNON BLANC
Ein rassiger, gehaltvoller Weisswein, weist feine Akzente von Holunder- und Zitrusfrüchten auf.
Trinkreife/Temperatur: 1 - 3 Jahre /11 -13 C°. Passend zu Apéro, Vorspeisen, Fisch und Meeresfrüchten.
Bild-Nr.: 01211
Bild: ©Weingut Alter Berg Tegerfelden
Text: ©Weingut Alter Berg Tegerfelden
Copyright: ©Weingut Alter Berg Tegerfelden
Die Topografie der Parzelle Rai, ist für einen Rebweg sehr geeignet.
Alten Urkunden ist zu entnehmen, dass in früheren Jahren im ganzen Reusstal der Anbau von Reben weit verbreitet war. Auch in Mellingen wurde einst Weinbau betrieben. Dies bezeugen heute noch Strassennamen wie Trottenstrasse, Rebweg, Trottenring, Rebhaldenweg oder Herrenrebenweg. Es bestand sogar eine Trotte in der Nähe der Kapelle St. Ulrich.
ln der Zeit um 1850 wurde die Reblaus aus Amerika eingeschleppt und diese zerstörte nach und nach ganze Rebkulturen. Dies bedeutete der Untergang vieler Weinberge, so auch in Mellingen.
Vor rund 10 Jahren kam bei einem Gespräch zwischen Jürg Moser, damals Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins MelIingen, und Walter Deppeler die Diskussion auf Wein und Rebbau im Allgemeinen. Dabei warf Jürg Moser ein, dass es schade sei, dass es in Mellingen keine Reben mehr gebe. Er fragte Walter Deppeler, ob ein Rebberg in Mellingen überhaupt ein Thema für das Weingut Alter Berg sei. Dies wurde ausführlich durch Familie Deppeler besprochen und positiv beurteilt.
Nach verschiedenen Erkundigungen wurde damals die Parzelle Buchberg ins Auge gefasst. Detaillierte Abklärungen ergaben aber, dass die Umsetzung nur schwer realisierbar wäre, worauf dieses Projekt auf Eis gelegt wurde.
Bild-Nr.: 01212
Bild: Mellinger Chronik 2013
Text: Mellinger Chronik 2013
Copyright: Mellinger Chronik 2013
lm Sinne einer Betriebsvergrösserung wurde vor 2 Jahren (2011) dieses Thema durch Familie Deppeler erneut aufgegriffen. Glücklicherweise waren die Gemeindebehörden diesem Vorhaben wohlgesinnt. Es wurden verschiedene geeignete Gebiete vorgestellt.
Nach Sichtung der Katasterpläne und einem Augenschein wurde im Brand die Parzelle Rai ins Auge gefasst. Landeigentümer und Bewirtschafter waren ebenfalls einverstanden, worauf das Gesuch um Aufnahme in den Rebbaukataster gestelIt werden konnte. Nach eingehender Prüfung des Geländes wurde diesem Gesuch umgehend entsprochen. Die Topografie der Parzelle war für einen Rebberg sehr gut, fast reine Südlage, mit ca. 400 m ü. M. ideal für die Reben. Die Hangneigung der Parzelle kommt zudem einer maschinellen Bewirtschaftung entgegen.
Die Parzelle musste erschlossen werden und zudem waren grössere Erdbewegungen nötig, weshalb ein Baugesuch eingereicht wurde. Nach verschiedenen kantonalen lnstanzen, knapp 6 Monate nach der Baueingabe, wurde die Bewilligung erteilt. Anfangs April 2013 wurde mit der Erschliessung begonnen.
Mitte Mai 2013 wurden in einer ersten Etappe auf einer Fläche von 45 Aren rund 1 900 Reben gesetzt. Die Analysen von Bodenproben beeinflussten die Wahl der geeigneten Rebsorten und Unterlagen. So wachsen heute (2013) die Sorten Riesling-Sylvaner, Sauvignon blanc und Pinot noir in Mellingen.
Weitere Bepflanzungs-Etappen sind auf das Frühjahr 2014 und 2015 geplant. Nach Fertigstellung sollte der Rebberg Mellingen rund 1,5 Hektaren umfassen.
Bei optimalen Bedingungen ist mit dem ersten Tropfen Mellinger im Jahr 2016 zu rechnen.
Bild-Nr.: 01212.1
Bild: Mellinger Chronik 2013
Text: Mellinger Chronik 2013
Copyright: Mellinger Chronik 2013
Michael Deppeler erklärt den Rebberg (von links): Jürg Moser, Bruno Gretener (Gemeindeammann), Walter Deppeler und René Bleiker.
Im Gebiet Rai sind 2000 Rebstöcke gepflanzt worden – Michael und Walter Deppeler aus Tegerfelden pflegen den neuen Rebberg. Die Rebstöcke wurden vor einem Monat auf 40 Aren gesetzt, in etwa drei Jahren dürfte der erste Tropfen trinkreif sein.
«Wir freuen uns, dass es in Mellingen nun einen Rebberg gibt», sagt Gemeindeammann Bruno Gretener am Morgen mitten im neuen Mellinger Rebberg. Zusammen mit weiteren Gästen war er von Michael und Walter Deppeler zur «Einweihung» der ersten gepflanzten Rebstöcke eingeladen.
«Bisher mussten wir am Neuzuzügerapéro immer fremden Wein ausschenken, künftig kommt der Mellinger zum Zug», zeigt sich der Ammann erfreut.
Gut 2000 Rebstöcke wurden vor einem Monat auf 40 Aren gesetzt, in etwa drei Jahren dürfte der erste Tropfen trinkreif sein. «Im hinteren Teil der ersten Etappe stehen zehn Reihen Riesling Sylvaner», sagt Michael Deppeler, Ingenieur Oenologie und Geschäftsführer des Weinguts Alter Berg in Tegerfelden.
In der Mitte habe man Reben mit Sauvignon-blanc- und zur Strasse hin mit Blauburgundertrauben gepflanzt.
Insgesamt 7500 Rebstöcke
Die zweite Etappe wird im nächsten Frühjahr realisiert und die Dritte nochmals später, total werden rund 7500 Rebstöcke gesetzt. Beim letzten Part wollen Deppelers auf einer kleineren Fläche neue Traubensorten kultivieren.
Welche, sei noch nicht spruchreif. Dasselbe gilt für den Namen des Weins. Der Ortsname Mellingen wird jedoch ein fester Bestandteil sein, genauso wie der seiner Macher, vom Weingut Alter Berg in Tegerfelden.
Mit dem eher sandigen Boden im Rai ist die Produzentenfamilie Deppeler mehr als zufrieden. Gerade bei den widrigen Witterungsverhältnissen der letzten Woche habe man gestaunt, dass im hinteren Teil des Rebbergs nichts gerutscht sei, besteht doch dort eine Neigung von 42 Prozent.
Ganz allgemein hätten die Reben – ob jung oder alt – wegen des Wetters keinen Schaden genommen. Allerdings sei alles im Wachstum etwas verzögert, erklären die Produzenten.
Kein Weinbau wegen Krankheiten
Reben wurden in Mellingen bis vor 100 Jahren angebaut. Wegen verschiedener Krankheiten wurde der Weinbau dann aufgegeben.
Heute erreicht man dank der Arbeit mit südländischen Rebstockunterlagen, die dann veredelt werden, gute Erträge. Und heute weiss man aufgrund von Bodenproben auch, welche Art Dünger zum Einsatz kommen muss.
Eine Hektare Rebanlage kostet den Produzenten im Normalfall zwischen 100 000 und 120 000 Franken. «Mit der Strasse, die wir mitten durch den Rebberg im Rai zu ziehen hatten, kommt die Hektare aber noch teurer zu stehen», sagt Walter Deppeler.
«Dank dieser Strasse wird die Pflege- und die Erntearbeit erleichtert.»
Bild-Nr.: 01205
Bild: ©Carolin Frei
Text: ©Carolin Frei, AZ 18. Juni 2013
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