Ebereich Biotop
Mellingen-Dorf Süd-Ost > Stetterstrasse
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Biotop Ebereich 1998 Chronik
Das Gebiet liegt nordöstlich von Mellingen, zwischen der Reuss und der Strasse nach Stetten.
Der Name steht für einen mit Eichen durchsetztem Wald, der früher anscheinend auch als Weide
für Schweine genutzt wurde. Im letzten Jahrhundert war es sicher schon gerodet und wurde landwirtschaftlich genutzt.
Seit der Jahrhundertwende war es im Besitz von mehreren Familien Halter. Vermutlich seit den Zwanzigerjahren begannen sie auch mit der Gewinnung von Kies. I947 wurde das Areal an die Firma Bürgler in Wettingen verkauft.
Die Grube vergrösserte sich flächenmässig rasch, konnte jedoch wegen des relativ hohen Grundwasserstandes nicht sehr tief gegraben werden. Der Abbau hinterliess eine vielfältig gestaltete Kleinlandschaft mit ständigem Wechsel von Feucht- und Trockengebieten, die eine reiche Besiedlung von Pflanzen und Tieren, auch einigen seltenen, nach sich zog.
In den Sechzigerjahren zeichnete sich das Ende der Abbaumöglichkeiten ab. Durch die angelaufene Hochkonjunktur entstand ein grosser Bedarf an Deponien, wofür sich auch diese Grube eignete. 1972 waren die Auffüllarbeiten schon weit fortgeschritten. Da gelangte Pro Natura Aargau zusammen mit der Stiftung Reusstal, Jost Wehrli, Biologe, und noch anderen Instanzen an das Kant. Baudepartement mit dem Begehren, einen Teil der Grube unter Schutz zu stellen.
Die Besitzerin Firma Bürgler war bereit, mit der Gemeinde Mellingen, der Stiftung Reusstal und dem Staat Aargau einen Vertrag zu schliessen, der am 29. Mai 1974 unterzeichnet wurde. Eine Planungsfirma sorgte für die Gestaltung des ausgeschiedenen Teils während der abschliessenden Rekultivierung. Mellingen verpflichtete sich, die anfallenden Unterhaltsarbeiten und die Verwaltung zu übernehmen.
Die Gestaltung des Biotops wies aus verschiedenen Gründen einige Mängel auf, auch wegen fehlender Erfahrung. Denn damals galten Kiesgruben noch sehr stark als störende Teile in einer Landschaft, die zu verschwinden hatten. Die heute allseitig vorhandene Einsicht, dass Kiesgruben verschwundene Teile einer Auenlandschaft ersetzen können, begann sich damals langsam und gegen viele Widerstände durch zu setzen. In der Grube Ebereich wurde im Kanton Aargau diese Erkenntnis zum ersten Mal umgesetzt.
Bis 1995 wurden nebst Unterhaltsarbeiten diverse kleinere Verbesserungen durchgeführt, um die sich stets Ernst Busslinger während und auch noch nach seiner Amtszeit als Ammann bemüht hat.
Mit den jährlich ins Land ziehenden «Jahr des...» ist es so eine Sache. Die meisten kommen, werden mehr oder weniger wohlwollend zur Kenntnis genommen, und gehen wieder. Nachhaltige Auswirkungen bleiben selten zurück.
Anders sollte das beim Naturschutzjahr 1995 sein. Die Hoffnungen wurden denn auch nicht enttäuscht. Es wurde, zuerst in den Köpfen, dann in der Landschaft, doch einiges in Bewegung gesetzt. So wagte sich der Natur- und Vogelschutzverein Mellingen an Projekte, die ohne den Aufhänger «Naturschutzjahr» nicht oder doch nicht so zügig realisiert worden wären.
Kiesgrube eingedeckt...
Das Gebiet «Ebereich» war in den 60er Jahren eine der grössten Kiesgruben im Aargau. Diese Grube wurde, teilweise in einer Nacht- und Nebelaktion, bis auf einen kleinen Rest wieder aufgefüllt. Dass dabei nicht nur eine grosse Uferschwalbenkolonie, sondern auch eine Unzahl von Amphibien zugedeckt wurde, sei nur am Rande erwähnt.
...bis auf einen wertvollen Rest
Die Rest-Kiesgrube bildet heute erfreulicherweise das Kernstück des Feuchtgebietes «Ebereich». Dieses liegt südöstlich von Mellingen, rund 200 m oberhalb der Reuss, in Richtung Stetten. Auf Grund der vielfältigen Amphibienvorkommen (Laubfrosch, Kreuzkröte, Geburtshelferkröte, Unke-, verschiedene Molcharten, dazu Ringelnatter) kommt ihm kantonale Bedeutung zu.
Die seinerzeitige Wiederauffüllung der Kiesgrube wurde mit einem recht steilen Aufschüttungshang, der auf einer Länge von rund 300 m parallel zur Reuss verläuft, abgeschlossen. Dieser stark besonnte Hang, in Richtung Süd-Südost exponiert, wurde, wie das seinerzeit üblich war, mit Rottannen aufgeforstet.
Vielversprechender Südhang
Dem Vorstand des Natur- und Vogelschutzvereins hatte dieser Südhang schon seit langem in die Augen gestochen. Es war klar, dass dieses aufwertungswürdige Gebiet gewaltige Möglichkeiten für die Natur in sich barg. Wie aber sollte dieses Problem mit Aussicht auf Erfolg angepackt werden? Zu viel sprach eigentlich gegen diese Erweiterung des Feuchtbiotops. Das Gebiet befindet sich im Privatbesitz, die Hänge waren wohl doch etwas zu steil, die Rottannen galten teilweise offiziell bereits als Wald. Zudem war ein kompliziertes, aufwendiges Bewilligungsverfahren zu erwarten.
Da kam den Idealisten im Natur- und Vogelschutzverein Mellingen der Zufall - in der Gestalt von Witterung und Schädlingen - zu Hilfe. Die Trockenheit am exponierten Südhang und der Befall durch den Borkenkäfer schwächten die Rottannen. Kräftige Sturmböen halfen mit, den Wald am Hang zu lichten.
Die ldee, im Naturschutzjahr etwas Besonderes zu leisten, gab dann den endgültigen Anstoss. Erste Gespräche mit dem Grundeigentümer fielen, wider Erwarten, auf fruchtbaren Boden. Ebenso ergaben Anfragen beim zuständigen Förster und auf der Bauverwaltung Mellingen positive Reaktionen. Auch die Finanzierung konnte, bei einem Budget von rund 12 000 Fr., dank einer Zusatzfinanzierung im Rahmen des Naturschutzjahres, sichergestellt werden.
Das Bewilligungsverfahren ging erstaunlich zügig über die Bühne.
Im Oktober 1995 wurden im steilen Aufschüttungshang drei rund 50 m breite Schneisen ausgeholzt. Die freigewordenen Flächen wurden planiert und mit «Steinpackungen» versehen. Dazu wurden Dutzende von Heckensträuchern gepflanzt. Im Frühling 1996 erfolgte die Aussaat mit einer Magerwiesen-Blumenmischung. Der Hang entwickelt sich inzwischen prächtig. Die gezielte Umgestaltung dürfte auch die Situation für die in der Umgebung von Mellingen noch vorkommende Schlingnatter nachhaltig verbessert haben. Dies nicht zuletzt wegen des Naturschutzjahres 1995!
Bereits wurde in einer zweiten Etappe auch der restliche Teil des Hangs ausgeholzt. Zudem wurde das bereits bestehende Feuchtbiotop «Ebereich» um weitere, neue Feuchtgebiete vergrössert.
Bild-Nr.: NO1000
Bild: Mellinger Städtlichronik 1998, S. 96
Text: Mellinger Städtlichronik 1998, Ernst Vögeli, Joerg Moser
Copyright: Mellinger Städtlichronik 1998
VERBOT
Für das Biotop-Gelände in der Kiesgrube Eberich wird folgendes Verbot erlassen:
Zum Schutze der hier lebenden, seltenen geschützten Tiere und Pflanzen wird
unberechtigten Personen das Betreten und Befahren diese Grube untersagt.
Die Ablagerung von Abfällen, Schutt und dergleichen ist verboten
Mellingen, den 2 April 1973
Gemeinderat Mellingen
Bis in die 1960er-Jahre befand sich hier eine grosse Kiesgrube, welche zuerst von der Firma Halter und zuletzt von der Firma Bürgler ausgebeutet wurde.. In diesem Gelände entwickelten sich verschiedene wertvolle Biotope. Trotzdem wurde die Grube im August 1972 zum grössten Teil mit Aushubmaterial eingeebnet, sodass Tausende von Wassertieren verendeten. Darauf wandte sich der Gemeinderat ans aarg. Baudepartement, sodass unter Einsatz der Polizei ein Teil des Biotops, wie es heute existiert, erhalten werden konnte.
im Nebelspalter Band 98 1972 Heft 35 erschien folgender Text:
"Der Weiher einer Kiesgrube in Mellingen, in dem schützenswerte Pflanzen und Tiere einen Lebensraum gefunden hatten,
ist trotz Einsprache von Gemeinde und Naturschutz von den Kiesgrubenbesitzern eingeebnet worden.
Gut ist, Leben erhalten und fördern,
böse ist, Leben vernichten und hemmen.
Albert Schweitzer"
Bild-Nr.: N01001.01
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Fotoarchiv Team / Reussbote
Copyright: Viktor Zimmermann